N-Terminales Pro-B-Typ Natriuretisches Peptid (NT-pro-BNP), einer der wichtigsten Biomarker für die Beurteilung der Herzinsuffizienz, wird im Herzen bei erhöhter Druckbelastung ausgeschüttet (1). Dies wird jedoch von verschiedenen Faktoren beeinflusst. So ist ein hoher Body-Mass-Index (BMI) mit niedrigen NT-pro-BNP-Werten bei Gesunden und Kranken assoziiert (2). Obwohl NT-pro-BNP auch zur Verlaufskontrolle bei der Herzinsuffizienz eingesetzt wird, ist der Zusammenhang zwischen NT-pro-BNP und BMI in kardialen Hochrisikokollektiven – die regelmäßig von Übergewicht geprägt sind – noch unzureichend untersucht. Dies war das Ziel der vorliegenden Arbeit.
Methode
Die CONSIDER-AF-Studie ist eine Beobachtungsstudie bei Patientinnen und Patienten (18–85 Jahre) mit koronarer Herzerkrankung und Indikation zur elektiven Bypass-Versorgung. Ausschlusskriterien der CONSIDER-AF-Studie waren schwere obstruktive Lungenerkrankungen und nächtliche Heimsauerstofftherapie. Präoperativ erfolgte eine Echokardiografie sowie eine Blutentnahme. Für unsere Analyse wurde das Gesamtkollektiv in drei BMI-Gruppen eingeteilt: Normalgewicht (< 25 kg/m²), Übergewicht (25–30 kg/m²) und Adipositas (≥ 30 kg/m²). Patientencharakteristika wurden als Mittelwert ± Standardabweichung beziehungsweise Anzahl und relativer Anteil dargestellt. Der Vergleich zwischen den BMI-Klassen wurde mittels ANOVA für kontinuierliche Variablen sowie mit dem Chi-Square-Test für dichotome Variablen durchgeführt. Der Zusammenhang zwischen dem BMI und dem NT-pro-BNP-Wert wurde mittels uni- und multivariater Regressionsanalyse mit wichtigen klinischen Kofaktoren als potenzielle Störvariablen überprüft.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 770 Patienten untersucht. Das Durchschnittsalter betrug 66,4 ± 8,3 Jahre, 86 % der Patienten waren männlich, der mittlere BMI war 28,3 ± 4,3 kg/m², die mittlere linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) war 55,4 % ± 10,7 % und die Häufigkeit von Vorhofflimmern betrug 15 %. Zwischen den BMI-Gruppen gab es keinen Unterschied bezüglich Geschlechterverteilung, LVEF und der Häufigkeit von präoperativem Vorhofflimmern.
Der NT-pro-BNP-Wert war bei normgewichtigen Patienten (< 25 kg/m²) etwa 2-fach höher als in der übergewichtigen oder adipösen Gruppe (Grafik). Die lineare Regressionsanalyse ergab einen inversen Zusammenhang zwischen BMI und NT-pro-BNP (351 Patienten mit komplettem Datenset, r² = 0,009, B = -71,1, p = 0,007).

Grafik
Konzentration des NT-pro-BNPs nach BMI-Klassen
Im AbbildungsverzeichnisPatienten einer höheren BMI-Gruppe waren jünger ([Jahre] 67,7 ± 8,7; 66,4 ± 8,4; 65,6 ± 8,2; p = 0,031), hatten häufiger arterielle Hypertonie (70,5 %; 81,3 %; 89,5 %; p < 0,001) und Diabetes mellitus (21,7 %; 35,5 %; 41,6 %; p < 0,001) sowie einen höheren linksventrikulären Masseindex (LVMi, [g/m²] 217,7 ± 69,5; 230,3 ± 72,6; 254,1 ± 75,1; p < 0,001). Dies sind allesamt Risikofaktoren für eine Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) (1).
Die multivariate Regressionsanalyse ergab, dass ein hoher BMI unabhängig von potenziellen Störvariablen mit niedrigeren NT-pro-BNP-Werten assoziiert ist. Männliches Geschlecht, eine höhere LVEF und die glomeruläre Filtrationsrate waren ebenfalls mit niedrigerem NT-pro-BNP assoziiert (Tabelle). Die Regressionsergebnisse müssen jedoch in Bezug auf die klinische Praxis vorsichtig interpretiert werden, da zwischen den Kofaktoren komplexe pathophysiologische Zusammenhänge existieren, die im Einzelfall zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen können.

Tabelle
Uni- und multivariate Regressionsanalyse zu Prädiktoren des NT-pro-BNP-Werts
Im AbbildungsverzeichnisDiskussion
In unserem kardiologischen Hochrisikokollektiv zeigte sich ein inverser Zusammenhang zwischen dem BMI und der Höhe des NT-pro-BNP-Werts – und das obwohl gleichzeitig mit steigendem BMI wichtige Risikofaktoren für eine Herzinsuffizienz wie arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus und LVMi zunahmen. Der inverse Zusammenhang zwischen BMI und NT-pro-BNP wurde bereits zuvor berichtet, wobei die genauen pathophysiologischen Mechanismen noch nicht komplett verstanden sind. So werden eine insulinabhängig verminderte Produktion, veränderte Verstoffwechslung sowie erhöhte Clearance von natriuretischen Peptiden durch Adipozyten diskutiert (3). Außerdem könnte vermehrtes epikardiales Fett die Wandspannung im Ventrikel reduzieren, welche der wichtigste Stimulus für die Ausschüttung von natriuretischen Peptiden ist (2). Insgesamt wurde der inverse Zusammenhang zwischen BMI und natriuretischen Peptiden bisher in gesunden oder deutlich weniger kranken Kollektiven untersucht. Unsere Ergebnisse zeigen, dass dieser Zusammenhang in besonderem Maße auch in einem kardialen Hochrisikokollektiv besteht, in dem die regelmäßige NT-pro-BNP-Bestimmung eine hohe Bedeutung hat.
Aufgrund der herausragenden Rolle von NT-pro-BNP für die Diagnose und Therapie von Herzinsuffizienzpatienten ist dieser Zusammenhang für die tägliche klinische Praxis hochrelevant. Die Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie gibt einen hohen negativen prädiktiven Wert für das Vorliegen einer chronischen (NT-pro-BNP-Wert < 125 pg/mL) oder akuten (NT-pro-BNP-Wert < 300 pg/mL) Herzinsuffizienz an. Für die Diagnose einer HFpEF ist ein erhöhter NT-pro-BNP-Wert (> 125 pg/mL) gefordert, wobei bei einem relevanten Anteil (18 %) von Patienten mit normwertigen NT-pro-BNP invasiv eine HFpEF nachgewiesen wurde (4). Im multivariaten Regressionsmodell zeigte sich eine sehr geringe Varianzaufklärung (r²), was für eine deutliche Streuung der Daten spricht und verdeutlicht, dass es noch weitere wichtige Einflussgrößen für den NT-pro-BNP-Wert gibt. Dennoch ergab sich auch im multivariaten Modell ein klinisch relevanter Unterschied mit einem um durchschnittlich 123 pg/mL niedrigeren NT-pro-BNP-Wert pro BMI-Punkt. Deshalb bedarf es weiterer intensiver Forschung, um hier verlässlichere Grenzwerte zu definieren oder gar neue Biomarker zu identifizieren, die nicht durch einen erhöhten BMI beeinflusst werden.
In unserem kardiologischen Hochrisikokollektiv zeigte sich ein inverser Zusammenhang zwischen BMI und NT-pro-BNP-Werten, welcher unabhängig von potenziellen klinischen Störvariablen war. Für das multivariate Regressionsmodell waren einige Datenpunkte (insbesondere Echokardiografie-Parameter) nicht für alle Patienten verfügbar, was eine Limitation dieser Arbeit darstellt. Schlussfolgernd sollte bei klinischem Verdacht auf eine HFpEF insbesondere bei übergewichtigen Personen großzügig ein Belastungstest oder ein Rechtsherzkatheter durchgeführt werden. Bei der täglichen Interpretation der NT-pro-BNP-Werte sollte bereits ein BMI ab 25 kg/m² berücksichtigt werden.
Michael Wester, Philipp Hegner, Maria Tafelmeier, Leopold Rupprecht, Christof Schmid, Lars S. Maier, Stefan Wagner, Michael Arzt, Simon Lebek
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg (Wester, Hegner, Tafelmeier, Maier, Wagner, Arzt, Lebek), Simon.Lebek@ukr.de
Klinik und Poliklinik für Herz-, Thorax- und Herznahe Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg (Rupprecht, Schmid)
Interessenkonflikt
Die Autorin und die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 07.05.2024, revidierte Fassung angenommen: 19.09.2024
Zitierweise
Wester M, Hegner P, Tafelmeier M, Rupprecht L, Schmid C, Maier LS, Wagner S, Arzt M, Lebek S: Body mass index and NT-pro-BNP in high-risk cardiac patients. Dtsch Arztebl Int 2025; 122: 57–8. DOI: 10.3238/arztebl.m2024.0197