Niemand ist bisher älter als 122 Jahre geworden. Die menschliche Lebensspanne könnte eine natürliche Grenze haben, vermuten einige Forschende. Demnach wäre der Kampf um ein noch längeres Leben bereits weitestgehend ausgefochten. Oder gibt es noch Hoffnung für die Longevity-Forschung?
Mit 122 Jahren und 164 Tagen erreichte die Französin Jeanne Calment weltweit bisher das höchste Alter. Sie starb 1997. Aktuell hält die brasilianische Ordensfrau Inah Canabarro Lucas mit 116 Jahren den Weltrekord, nachdem die Spanierin María Branyas Morera 2024 mit 117 Jahren gestorben ist.
Menschen, die älter als 110 Jahre werden, gelten als Supercentenarians (Super-Hundertjährige). Voraussetzung ist, dass ein amtliches Geburtsdokument vorliegt, was in vielen Ländern nicht der Fall ist. Studien nutzen daher auch die Daten staatlicher Rentenversicherungen und Sterberegister, um das Alter zu validieren. Daraus ermitteln Forschende etwa Langlebigkeits-Hotspots (Blue Zones) – auch um Faktoren abzuleiten, die die Lebensspanne verlängern (siehe Beitrag S. 75).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führten Fortschritte im öffentlichen Gesundheitswesen und in der Medizin zu einer Langlebigkeitsrevolution. Die Lebenserwartung bei Geburt stieg in einkommensstarken Ländern um etwa 30 Jahre. Seitdem verlangsame sich die Zunahme der Lebenserwartung, wie eine 2024 in Nature Aging publizierte Analyse in diesen Ländern feststellte (1). Die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit, dass derzeitige Geburtskohorten in reichen Ländern 100 Jahre alt werden, liegt den Forschenden zufolge bei 5,1 % für Frauen und bei 1,8 % für Männer. Insgesamt sei eine radikale Verlängerung des Lebens in diesem Jahrhundert unwahrscheinlich, sofern sich der biologische Alterungsprozess nicht deutlich verlangsamen lasse, so das Fazit.
Wie realistisch ist es, dass Menschen den Rekord von Calment brechen und 130 oder gar 150 Jahre alt werden? Die Hypothese einer maximalen Lebensspanne steht in Debatten weiterhin der Möglichkeit einer radikalen Lebensverlängerung gegenüber. Kathrin Gießelmann
1
Olshansky SJ, Willcox BJ, Demetrius L, et al.: Implausibility of radical life extension in humans in the twenty-first century. Nat Aging 2024; 4: 1635–42; DOI: 10.1038/s43587-024-00702-3 CrossRefMEDLINEPubMed Central
2
Dowd J., Polizzi A, Tilstra A: Progress Stalled? The Uncertain Future of Mortality in High-Income Countries, Population and Development Review 2024; https://doi.org/10.1111/padr.12687CrossRef
Belzile LA, Davison AC, Gampe J, et al.: Annual Reviews of Statistics and Its Application. Is There a Cap on Longevity? A Statistical Review. Annu. Rev. Stat. Appl. 2022. 9:21–45 CrossRef
5
Oeppen J, Vaupel JW: Demography. Broken limits to life expectancy. Science 2002; 296: 1029–31; DOI: 10.1126/science.1069675 CrossRefMEDLINE
6
Hahn O, Drews LF, Nguyen A, et al.: A nutritional memory effect counteracts benefits of dietary restriction in old mice. Nat Metab. 2019; 1:1059–73; DOI: 10.1038/s42255-019-0121-0 CrossRefMEDLINEPubMed Central
7
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8
van den Berg N, Beekman M, Smith KR, et al.: Historical demography and longevity genetics: Back to the future. Ageing Res Rev 2017 Sep; 38: 28–39; DOI: 10.1016/j.arr.2017.06.005 CrossRefMEDLINE
9
van den Berg N, Rodríguez-Girondo M, van Dijk IK, et al.: Longevity defined as top 10 % survivors and beyond is transmitted as a quantitative genetic trait. Nat Commun 2019 Jan 7; 10 (1): 35; DOI: 10.1038/s41467-018-07925-0 CrossRefMEDLINEPubMed Central
10
Partridge L, Deelen J, Slagboom PE: Facing up to the global challenges of ageing. Nature 2018 Sep; 561 (7721): 45–56; DOI: 10.1038/s41586-018–0457–8 CrossRefMEDLINE
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