Dem Diskussionsbeitrag von Prof. Bardehle stimmen wir vollumfänglich zu. Sie hat noch einmal unterstrichen, wie wichtig es ist, systemisch zu denken und zu agieren, wenn man gesundheitliche Ungleichheit nachhaltig verringern möchte. Das entspricht auch unserem Ansatz, den wir in unseren Studien zur Verbesserung des Zugangs krebserkrankter Männer und männlicher Angehöriger zu psychosozialer Beratung verfolgt haben. Es genügt eben nicht, beispielsweise nur Flyer mit Informationen für Männer auszulegen. Ein junger Krebspatient in einer unserer Studien formulierte es so: „Und so hab ich halt einen Zettel in der Hand, was ja heutzutage einfach ist, weil es wird ja überall alles Mögliche verteilt. Das ist halt erstmal nur ‘ne stumpfe Information.“ (1)
Flyer können Informationen kurz und bündig vermitteln, sie sind zweifelsohne oft hilfreich. Zudem sind sie vergleichsweise günstig herzustellen, auch deshalb werden sie häufig eingesetzt. Aber sie können emotionale und motivierende Botschaften weniger gut vermitteln als ein persönlicher Kontakt, beispielsweise in Form einer Ansprache durch einen Arzt beziehungsweise eine Ärztin (2, 3). Sie sind – wie es der Patient ausdrückte – „stumpf“. Zudem richten sie sich an das Individuum und vernachlässigen strukturelle Barrieren.
Maßnahmen zur Verbesserung der Männergesundheit müssen stattdessen auf verschiedenen Ebenen ansetzen. Es braucht einen langen Atem, einen umfassenden Blick, gründliche Vorbereitung ebenso wie eine Nachverfolgung über längere Zeiträume und eine unbestechliche Evaluation, mit anderen Worten: eine Strategie.
Bardehle verweist genau darauf. Zu Recht beklagt sie das mangelnde Engagement Deutschlands in dieser Hinsicht und fordert mehr politische Entschlossenheit. Wir denken, dass neben der Prävention die psychosoziale Versorgung von Männern hier des besonderen Augenmerks bedarf.
Für die Autorinnen und Autoren
Prof. Dr. rer. med. Susanne Singer, Dipl.-Psych., M.Sc.
Abteilung Epidemiologie und Versorgungsforschung, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI), Universitätsklinikum Mainz und Universitäres Centrum für Tumorerkrankungen, Mainz (UCT), Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Interessenkonflikt
SS erhält jährlich von Lilly Honorare für Begutachtungstätigkeit im Rahmen des Lilly Quality of Life Awards.
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