Ein Bündnis aus 26 Verbänden zeigt jetzt mit einem Gesetzentwurf, wie die Regelungen zu Schwangerschaftsabbrüchen reformiert werden könnten. In Politik und Gesellschaft wird der Entwurf, der auf eine Streichung des Paragrafen 218 hinausläuft, unterschiedlich diskutiert.

Mit einer Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ist in Deutschland wohl kaum in naher Zukunft zu rechnen. Dies lassen die sehr heterogenen Reaktionen auf den Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs vermuten, den 26 zivilgesellschaftliche Verbände Mitte Oktober vorlegten.
Kritik daran kommt dieser Tage unter anderem vonseiten der Union, von der katholischen Kirche und der Caritas. Auch die FDP ist skeptisch. Unterstützt wird eine Legalisierung von Abtreibungen von den Grünen, der SPD und der Gruppe Die Linke. Aber auch die evangelische Kirche kann sich eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen teilweise vorstellen.
Der Gesetzentwurf der Verbände, zu denen beispielsweise der Deutsche Frauenrat, pro familia, der Deutsche Juristinnenbund, die Gewerkschaft ver.di sowie Terre des Femmes gehören, wäre ein regelrechter Paradigmenwechsel: Schwangerschaftsabbrüche bis zur 22. Schwangerschaftswoche sollen ihm zufolge eine „rechtmäßige medizinische Gesundheitsleistung“ und straffrei sein – sofern sie auf Verlangen der Schwangeren und durch Ärztinnen und Ärzte erfolgen. Diese sollen weiterhin jedoch die Möglichkeit haben, sich persönlich gegen die Durchführung eines Abbruchs zu entscheiden.
Würden Regierung und Parlament eine Neuregelung von Abtreibungen nach dieser Blaupause aufgreifen und beschließen, würde der § 218 des Strafgesetzbuchs weitgehend entfallen. So stehen dem Entwurf des Bündnisses zufolge nur noch Abbrüche unter Strafe, die ohne Einwilligung der Schwangeren vorgenommen werden sowie späte Abbrüche nach der 22. Woche. Gleichzeitig soll es strafbar sein, eine Frau zu nötigen, ihre Schwangerschaft fortzusetzen. Schwangere, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, sollen ferner durch verbesserte Beratung und medizinische Versorgung unterstützt und geschützt werden. Die bisherige Pflicht zur Beratung soll jedoch abgeschafft werden. Auch die Voraussetzungen zur Durchführung eines rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruchs und ärztliche Pflichtverletzungen wollen die Verbände außerhalb des Strafrechts regeln, konkret im Schwangerschaftskonfliktgesetz.
Intention des Vorstoßes sei es zu zeigen, wie eine künftige gesetzliche Regelung aussehen könnte, so die Verbände. Sie stehe im Einklang mit Grundgesetz, Menschenrechten und internationaler Gesundheitsevidenz. „Wir fordern den Bundeskanzler, die Bundesministerinnen und Bundesminister sowie die Bundestagsabgeordneten aller demokratischen Parteien auf, den Schwangerschaftsabbruch noch in dieser Legislaturperiode neu zu regeln“, betonten jetzt Juristinnen, die sowohl am Gesetzentwurf beteiligt waren als auch Mitglied der von der Regierung eingesetzten Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin. Die aktuelle Gesetzesgrundlage stehe dem Selbstbestimmungsrecht der Frauen entgegen. Ihr Entwurf könne der Impuls für eine längst fällige Reform sein, sagten sie mit Verweis auf die Ergebnisse der Kommission.
Diese hatte bereits im Frühjahr empfohlen, das Abtreibungsrecht zu liberalisieren und dafür heftige Kritik von Union und AfD einstecken müssen. Diese hatten der Kommission vorgeworfen, „gewünschte Ergebnisse“ geliefert zu haben. Seither herrscht Stillstand und dem Vernehmen nach auch Uneinigkeit in der Koalition darüber, wie mit den Empfehlungen der Kommission umgegangen werden soll. Die Bundesregierung wolle alle Argumente intensiv prüfen und die Debatte „ruhig und sensibel“ führen, heißt es von Regierungsseite. Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
Diskutieren Sie mit: