Am 6. Oktober, am Premierenabend der Opernperformance „Sancta“ an der Stuttgarter Staatsoper mussten acht, am Tag darauf sogar zehn Personen vom Besucherservice oder dem anwesenden Theaterarzt aufgrund heftiger Szenen auf der Bühne betreut werden.

Aufgabe von Theaterärzten ist die qualifizierte medizinische Erste Hilfe. Oft passiert nichts, aber grundsätzlich sollte man einen ehrenamtlichen Theaterarztdienst nur übernehmen, wenn man sich sicher fühlt, im Ernstfall richtig handeln zu können. Foto: simone n/stock.adobe.com
Aufgabe von Theaterärzten ist die qualifizierte medizinische Erste Hilfe. Oft passiert nichts, aber grundsätzlich sollte man einen ehrenamtlichen Theaterarztdienst nur übernehmen, wenn man sich sicher fühlt, im Ernstfall richtig handeln zu können. Foto: simone n/stock.adobe.com

Solche gehäuften Vorkommnisse sind extrem selten. Generell aber sind Einsätze von Ärztinnen und Ärzten im Theater durchaus üblich. Viele Ärzte nehmen dies im Sinne einer gelungenen Work-Life-Balance gern wahr. „Nach einem anstrengenden Sprechstundentag lasse ich mich gerne in einen roten Sessel fallen und genieße Kultur“, sagt Dr. med. Angela von Elling, ehrenamtliche Theaterärztin in Hamburg, dem Deutschen Ärzteblatt.

Von Elling, Fachärztin für Innere Medizin, Rheumatologie, Nephrologie bei der Medizinicum Gruppe Hamburg, ist aktuell etwa einmal die Woche als Theaterärztin tätig. Teilweise, sagt sie, wäre sie auch häufiger da gewesen und fast schon „süchtig“: „Ein anstrengender Arbeitstag ist im roten Sessel schnell vergessen“, erklärt sie. „Ein gutes Theaterstück, Musik, gutes Musiktheater, insbesondere die Oper, führen mich mental in einen anderen Raum, in einen, in dem unsere großen Themen verhandelt werden.“

Natürlich können medizinische Einsätze schnell wieder ins Hier und Jetzt führen – dies ist Theaterärzten bewusst. Während des Abends stehen sie für Publikum und Bühnenmitarbeitende zur Verfügung – für kleinere, selten auch für größere Notfälle. „Diese Aufgabe bringt uns an Orte, die wir vielleicht sonst kaum aufgesucht hätten: Boulevardtheater, Kiezmusicals, Volkstheater, klassische und weniger klassische Konzerte, anspruchsvolles Sprechtheater, Oper – es ist alles dabei. Man geht hin und lässt sich überraschen, das weitet den Horizont“, so von Elling.

Auch Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung können aus ihrer Sicht als Theaterärzte arbeiten. „Unsere Aufgabe ist die qualifizierte Erste Hilfe, nicht mehr, aber auch nicht weniger.“ Es komme darauf an, das jeweilige Problem rasch einzuschätzen und die Versorgung zu organisieren. Im Zweifelsfall werde ein Rettungswagen geholt. „Insofern können alle Ärztinnen und Ärzte, die allgemeinmedizinische und Notfallerfahrung haben, als Theaterärzte tätig sein.“ Man sollte jedoch mental auf Notfälle eingestellt sein und davor keine Angst haben, damit man den Abend genießen könne.

Organisiert wird der Theaterdienst unterschiedlich: teilweise über die Theaterhäuser direkt, einen Bühnenverein oder auch über engagierte Ärzte in den Landesärztekammern. Bezahlt werden die Einsätze nicht. Meist erhalten die Ärzte jedoch Freikarten für sich und ihre Begleitung. Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann